Bernd Glueckert wrote:
Hallo Jörg,
Jörg Kirstner wrote:
Stimmt schon, aber wenn ich es _nur_ bequem und einfach haben will, dann kann ich auch bei Windows bleiben. Es gibt sicher tausend Gründe, warum man Linux verwenden kann/sollte/möchte. Einer ist, zumindest für mich, die Konfigurierbarkeit. Und wenn man nicht bei so einfachen Stand-Alone-Anwendungen wie Firefox anfängt, wird man wohl nie lernen, in die Tiefen eines Linux-Systems vorzudringen.
Dank, tausend dank. Weniger für die nett gemeinte Aufforderung sondern eher für das hervorgerufene Schmunzeln.
Ich arbeite mit Unix-Systemen seit etwa Ende 1979 und administriere im Moment ca. 30 Linux-Systeme, verdiene ein paar Brötchen mit der Entwicklung von Device-Treibern und Linux-basierten Tomcat-Applikationen für das industrielle Umfeld.
Ich glaube so einigermassen zu wissen, was sich da unter der Haube tut. Aber in den fast 27 Jahren Jahren Unix kommt auch alle Nasen lang jemand mit missionarischem Eifer daher und belehrt mich, dass die Programmentwicklung mit Emacs etwas für richtige Männer ist und Eclipse für die Warmduscher gedacht ist.
Ohne jetzt begründen zu wollen, warum ich Eclipse den Vorzug gegenüber Emacs gebe, mit warmen Wasser dusche, ein Auto besitze und meine Nahrung nicht mehr selber nach Waidmanns-Sitte selber erlege, möchte ich doch zumindest eine kleine Lanze für den Fortschritt brechen: Wenn ein RPM-Paket mir hilft, eine Arbeit komplett und zuverlässig zu erledigen, dann ziehe ich es vor, hiermit Zeit und Aufwand einzusparen.
By the way: Was machst Du mit SuSE? Wo's doch LFS gibt.
Dem kann ich mich nur voll anschliessen. Das Problem, um das es hier geht, ist das "Experten-Problem". EDV-Experten der gehobenen Sorte tun sich schwer mit Programmen, die einfach zu handhaben sind, deren Code nicht vor Sonderzeichen strotzt und die trotzdem komplexe Aufgaben erledigen. Dem Experten geht nichts über die Unerklärbarkeit seiner Arbeit, und je unverständlicher er spricht, desto höher sind die Weihen, die er von seinem Publikum empfängt. Was nützen ihm da RPM-Pakete, die ihre Software mit wenigen Befehlen installieren! Im Zweifelsfalle bevorzugt er die kryptische Variante, die ihn vom schlichten der "Bequemlichkeit und Einfachheit" den Vorzug gebenden Benutzer eines EDV-Systems sichtbar abgrenzt. Der Jargon hebt die Position, und das ist nicht nur bei Habermas oder Adorno der Fall, sondern ebenso beim abgehobenen UNIX-Experten, der ohne die "Tiefen" seines Linux-Systems schon gar keiner mehr wäre. Und was wäre er ohne sein Publikum, die Kundschaft, die an seinen Lippen hängt und dieser so herrlich unverständlichen 3-Buchstaben-Wörter-Sprache lauscht? Würde dieses Publikum ihm auch noch applaudieren, wenn er Einfachheit, Bequemlichkeit und Verständlichkeit zu den Maximen seiner Arbeit machen würde? Mitnichten. Das Publikum verehrt den fremden Zunftjargon, und wer einfache Zusammenhänge mit komplizierten Begriffen beschreibt, wer geheimnisvollen Konfigurationsanweisungen den Vorzug gibt vor simplen verständlichen und kurzen Beschreibungen, der gilt eben leider auch in der Öffentlichkeit nicht mehr als Experte. Und stellt einer aus der schlichten Anwendergemeinde eine Frage, so kontert der Experte dem Anfänger mit dem vielsagenden "Satz": man rpm. Insofern hält sich Sprachlosigkeit und überbordende Unverständlichkeit bei den sog. Experten die Waage, kennzeichnet aber in jedem Falle ihre Unfähigkeit, von ihrem hohen Sockel herunterzukommen und dem nach Einfachheit und Bequemlichkeit suchenden Anwender, Programmierer oder Systemadministrator zu helfen - der Sturz wäre zu heftig...