On Sat, 2003-11-01 at 19:32, Thomas Templin wrote:
On Saturday 01 November 2003 11:04, Andreas Lehmann wrote: [...]
On Sat, Nov 01, 2003 at 08:24:21AM +0100, Andreas Otto wrote:
Es hat fast den Anschein, als hätten viele Leute OpenSource immer noch nicht im Rahmen von "Free Speech" verstanden und klammern sich an die "Free Beer" Vorstellung.
Auch wenn es immer wieder schwer faellt: OpenSource hat _nichts_ mit Free Software zu tun. Die Gegenueberstellung "free speech" und "free beer" stammt von R.M. Stallman. Er wird nicht muede immer und immer wieder zu sagen "I do not talk about Open Source, I talk about Free Software".
Ich vermisse hier (und auch oft woanders) das Verstaendnis dessen, was Free Software eigentlich ist.
Myriam Steingruber, von Wilhelm Tux aus der Schweiz hat auf der LinuxWord Expo viele die an den Stand der FSF Europa kamen gfragt ob sie den wüssten was Freie Software ist und ob sie ihr das kurz erzählen können. Ergebnis, gewusst hats keiner und das in den gesamten drei Tagen.
Allerdings haben sie alle von "OpenSource" und "Comunity" geschnackt, ist ja modern. Was das ist kann keiner sagen, plakative Überschriften sind genug um sich aus der masse hervor zu heben. Und MS ist sowieso böse und wir sind die einzigen guten. (Sagen die Linux Anwender.) Mit Verlaub, aber bei dem was Du (Thomas) da schreibst, sträuben sich mir gleich mehrfach die Haare.
Du gehst davon aus, dass der Begriff "Freie Software", wie er von RMS definiert wurde und von der FSF vertreten wird, allgemein anerkannt und verwendet wird und machst den Leuten nun den Vorwurf, nicht zu wissen, was "Freie Software" ist. Aus meiner Sicht ist die FSF-Sicht diesbezüglich nur *eine* mögliche Auslegung der Dinge und *weit* davon entfernt allgemein anerkannt sein und/oder in den "umgangssprachlichen" Sprachgebrauch Eingang gefunden zu haben. Deshalb schon ist schon die Frage nach dem Unterschied zwischen "OpenSource" und "Freie Software" nicht beantwortbar. In diesem Zusammenhang kann ich es durchaus verstehen, wenn Leute der FSF Religiosität vorwerfen.
Auch vermisse ich manchmal die Anerkennung der sozialen Errungenschaften der Free Software Foundation bei den Leuten, die doch soviel von diesen profitieren. Dann zähle sie doch bitte mal auf ... ;)
Ich sehe die FSF als eine politische Organisation, die für gewisse soziologisch/wirtschaftliche Zielsetzungen eintritt. Ob und inwiefern die FSF "nur" eine gesellschaftliche Entwicklung widerspiegelt oder ob die FSF der unmittelbare Auslöser der Entwicklung war, halte ich für sehr streitbar und im Kern eigentlich für irrelevant. Vergleichbar mit der Frage "War die Entstehung der Grünen, der Roten oder gar der Reformation die Auslöser oder die Reflektion von gesellschaftlichen Entwicklungen?" Ich würde von einer, durch die technische Entwicklung bedingten, unvermeidbaren gesellschaftlichen Entwicklung sprechen, die in Bezug auf deren Ausprägung in Form von Linux zwar von der FSF entscheidend mitgeprägt wurde, grundsätzlich aber in keinem unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhang damit steht. [Soll heissen, hätte es die FSF und/oder Linus T. nicht gegeben, hätten wir heute zwar kein Linux, aber etwas anderes vergleichbares.] Eines muss man der FSF und der Person RMS allerdings zugute halten: Die FSF und insbesondere die GPL haben Probleme allgemein bekannt gemacht, die anderenfalls vermutlich im Verborgenen lägen. Daraus jetzt Ansprüche für die FSF ableiten zu wollen, halte ich für vermessen. Da die FSF und insbes. die Person RMS das allerdings augenscheinlich tun (GNU/Linux), kann ich es durchaus verstehen, wenn Leute dies als religiös-missionarische Eiferei auslegen und deshalb der FSF feindselig gegenüberstehen.
Das die FSF und die Volunteers versuchen über das gesellschaftliche, technische und zukunftsweisende Potenzial des Modelles der Freien Software und von GNU/Linux auf breiter Basis zu informieren und Aufklärungsarbeit leisten wird vom Mainstream dermasen aktiv ignoriert das man schon fast Methode hinter dem ganzen vermuten könnte. Auja, Verschwörungstheorien ... ;)
Die Sache ist doch ganz banal: Was Du als "Aufklärungsarbeit" bezeichnest, ist neutral betrachtet "Lobbying in einer gewissen Ausrichtung". Dieses Lobbying kann man begrüssen, tolerieren oder bekämpfen. Entsprechend betreiben einige Mächtige aktives "Counter-Lobbying".
Die Arbeit die wir als etablierter Ansprechpartner national, Europa weit und im Rahmen der UN und nicht zuletzt in letzter Zeit vernehrt auf regionaler Basis machen hilft all denen die als Unternehmen ihr Geschäftsziel auf der Entwicklung oder dem Anbieten von Dienstleistungen im GNU/linux Umfeld begründen. Die grossen Unternehmen können dies auch nach vollziehen, [..] DIese Arbeit ist mühsam, langwierig und verlangt ein nicht geringes Mass an Professionalität. Wie das finanziert wird? Im Moment zum überwiegenden Teil aus der privaten Tasche der Aktiven. http://www.fsfeurope.org/about/funds/funds.de.html zeigt nur den Teil auf der direkt an die FSF Europe gegangen ist. Das Engagement der Volunteers kann man mit etwa 350EUR bis 400EUR für jedes Event an dem sie sich beteiligen ansetzen. Was bei im Schnitt 6 Events pro Jahr zuammen kommt kann man ja selber schnell ausrechnen. Jeder mittelgrosse Karnikkelzüchterverein hat mehr Mittel zur Verfügung, Ich sehe die FSF als Teil einer langen Reihe von auf "langfristige Nachhaltigkeit" ausgerichteter Organisationen und sie als solche mit den typischen Problemen derartiger Organisationen konfrontiert.
Sie werden oft von "Grossen" und von "Entscheidern" anerkannt und akzeptiert, doch der "Mensch auf der Strasse" nimmt sie entweder nicht wahr oder denkt solange "von der Hand in den Mund", bis er unmittelbar auf Auswirkungen gestossen *wird* (Vergl. Nahrungmittel, Naturschutz, Klimaschutz, Gentechnik usw.) Für die "Breite Masse" haben die Aktivitäten der FSF/FSF-Europe defakto keine unmittelbaren Auswirkungen. Dass die Aktivitäten der FSF-USA indirekte Auswirkungen haben, halte ich für unbestreitbar, doch bez. der FSF-Europe halte ich Zweifel für angebracht.
Für mich sind mittlerweile selbst Vorstellungen jeder der 250.000 Europäischen GNU/Linux ANwender würde sich mal mit einem Euro an unsererr Arbeit beteiligen bereits im Reich der Träume anzusiedeln. Die Leute sind ja nicht mal mehr bereit die paar Puseratzen die eine Distributions Schachtel kostet auszugeben. Na dann frag doch mal SuSE ob sie einen EUR pro verkaufte Schachtel an die FSF abtreten wollen. Musikmedien mit "EURs" für "Unicef", "Brot in die Welt", "Rotes Kreuz" gibt's ja auch ;)
DAS wäre doch mal ein Zeichen, mit dem SuSE ihre Anerkennung für die FSF ausdrücken könnte .. ich würde aber davon ausgehen, dass SuSE nur wenig Eigeninteresse daran hätte (vgl. unten)
Geiz ist geil, bezahlen sollen gefälligst die anderen und nach mir die Sintflut, sag ich nur. Das sehe ich anderes:
Die Linux-Industrie ist Teil der "New-Economy", ursprünglich mit hoch gesteckten technischen und wirtschaftlichen Zielen angetreten, insgeheim auf "schnelles, leichtes Geld" hoffende, naive Amateure ohne jegliche Erfahrung. Die Euphorie der Anfangsjahre ist mittlerweile verflogen und man sieht sich dem rauen Wind der Wirtschaft ausgesetzt. Nun wird nach Überlebensstrategien gesucht, wobei sie auf Mittel, Wege und Ziele der "Old-Economy" zurückgreifen und/oder gestossen werden (Profit, Übernahmen, Share-Holder-Value, ROI) und dabei ihre eigenen Anfänge ("Freie SW") vergessen. Das Problem daran: Diese Prinzipien steht in unmittelbarem Widerspruch zu den langfristig, nachhaltig ausgerichteten Interessen der FSF. Ebensowenig wie die grossen Kaffeeröster einen Euro an die Bauern in Südamerika abtreten, haben die Linux-Distributoren Interesse daran einen Euro an die FSF oder an die Entwickler "freier SW" abzutreten. In einem Satz: Die Interessen der FSF stehen im Gegensatz zum "freien Markt nach Funktionsprinzipien der Old-Economy" und haben entsprechend Probleme sich durchzusetzen. Ralf