Am Sonntag, 3. März 2002 10:43 schrieb Bernhard Walle:
Hallo Konrad,
On Sat, 02 Mar 2002 at 16:22 (+0200), Konrad Neitzel wrote:
Da es ja in einem anderen Thread etwas in Richtung Open Source und Free Software gegangen ist, möchte ich hier ein paar meiner Gedanken niederschreiben. Segr gute Infos finden sich z.B. unter www.gnu.org.
Sicher ist sowas On-Topic auf einer Linux-Liste. http://www.gnu.org beschreibt sicherlich das Ganze nur aus einer Perspektive. Neben den GNU-Lizenzen gibt es noch eine ganze Menge anderer freier Lizenzen.
Lesenswert ist sicher auch das Buch "Open Source - Kurz & gut" aus dem O'Reilly-Verlag, die (kostenlose) Onlineversion findet sich unter http://www.oreilly.de/german/freebooks/os_tb/toc.html.
Open Source: Bedeutet erst einmal, dass der Source Code "offen" ist. Ein Beispiel ist z.B. von thekompany das Produkt Rekall. Dieses muss man kaufen, und beim Kauf man bekommt den Source gleich mit. Man darf diese nändern und für sich anpassen, aber nicht weitergeben (Halt ein kommerzielles Produkt!).
Jein. Sicherlich heißt "open source" auf deutsch nur offene Quelle, also genau das was Du beschreibst. Tatsächlich wurde dieser Begriff aber schon als Synonym für "free software" definiert, wird allerdings nicht von der FSF verwendet. Das was Du beschreibst wäre eher mit dem "shared source"-Modell von Microsoft zu vergleichen.
Der Grund für den Begriff Open Source war einfach der, dass man im Englischen mit "free" gerne "kostenlos" assoziiert ("Eintritt frei") und nicht *Frei*heit (*free*dom). (Die Wortbedeutung free = frei (von Zwängen) gibt es natürlich auch noch.) Mit *Open* Source wollte man das *offene* Entwicklungsmodell unterstreichen.
Der pragmatische Teil der Free-Software-Bewegung verwendet gerne den Begriff Open Source, um die Vorteile des offenen Quellcodes (jeder kann nachschauen) und des offenen Entwicklungsmodells (jeder kann was dazu beitragen) zu unterstreichen.
Der ideologische Teil der FS-Bewegung verwendet(e) weiterhin den Begriff Free Software, um die dahinterstehende Freiheit (im politischen Sinn) zu unterstreichen. Dass Richard Stallman und die FSF dem letzteren Teil der FS-Bewegung angehören, ist sicherlich kein Geheimnis.
Free Software: Hier ist die Software komplett frei. Hier gibt es mehrere "Stufen".
Das was Du beschreibst ist nur die Sichtweise der FSF. Tatsächlich gibt es noch eine ganze Menge anderer freier Lizenzen, z. B. die Artistic License (unter der Perl steht), die X11-Lizenz (unter der XFree 86 steht) oder die BSD-Lizenz (von der die X11-Lizenz abgeleitet wurde). Letztere besagt im Grunde, dass jeder mit dem Code manchen kann, was er will, solange der den Namen erwähnt. Außerdem enthält sie einen Haftungsausschluss, der für viele OSS-Programmierer so wichtig ist und ohne den OSS kaum möglich wäre. (Tatsächlich haften kommerzielle Softwareanbieter kaum oder gar nicht für Schaden, den sie verursachen. Firmen wie Microsoft -- und nicht nur die -- wären länst pleite. Andererseits wäre Software *wesentlich* teurer, für Privatleute ja unbezahlbar, wenn die Unternehmen für den Schaden wirklich gerade stehen müssten.)
GPL: Ein Produkt unter GPL ist komplett frei und muss immer frei bleiben. Der sourcecode muss beim weitergeben verfügbar gemacht werden (Nicht unbedingt mitgegeben, aber es muss verfügbar sein).
Ja.
LGPL: Hier kann man eigene Produkte schreiben, die auf dem LGPL Produkt basieren, ohne dass diese unter der LGPL stehen müssen. Daher wird oft "Lesser GPL" dazu gesagt. Dies wird z.B. für viele Libs benutzt. (glibc z.B.)
Nein. Man darf *dynamisch* gegen eine Bibliothek linken, nicht aber den Quellcode für eigene (nicht unter der (L)GPL stehende Projekte) benutzen. Gegen eine GPL-Bibliothek dürfen nur GPL-Projekte (oder solche, die unter einer mit der GPL kompatiblen Lizenz stehen; das wird von der FSF definiert) linken. Die readline-Bibliothek wäre ein Beispiel hierfür, aber auch zum Beispiel QT.
"Frei": Es gibt Produkte, die sind komplett frei. Bei diesen darf man (fast) alles machen.
Das wäre Public Domain. Man darf tatsächlich *alles* machen. In der Praxis ist das aber eine häufig anzutreffende Lizenz für fertig kompilierte Windows-Software.
Streng genommen kann man sich sogar den Code kostenlos ziehen, diesen auf CD brennen und dann das Produkt kommerziell für viel Geld verkaufen (Wenn ein kunde bereit ist, 10.000 EUR für ein kostenloses Produkt auszugeben: selbst schuld).
Das darfst Du auch mit einem GPL-Programm, wenn einer so blöd ist und Dir das zahlt. Du musst nur Deinem Kunden das gleiche Recht geben, wie Dir selber, d. h. Du darfst die Lizenz nicht ändern und er muss an den Quellcode kommen.
Alles hast gewisse Vor- und Nachteile. Auf www.gnu.org wird zwischen GPL und LGPL etwas verglichen. GPL ist immer dann gut und wichtig, wenn dies für neue Produkte benutzt wird, die es sonst noch nicht gibt. So sichert man sich eine Art Vorsprung.
Ja.
(Ich selbst mag diese Lizenz nicht, dann ich bin eine Art zwitter: Auf der einen Seite will ich Geld verdienen und auf der anderen Seite schreibe ich etwas in meinem Hobby. Wenn ich in meinem Hobby etwas schreibe, welches unter der GPL steht, dann müsste ich - wenn ich es (teilweise) für etwas kommerziellen nutzen will, dieses wieder unter GPL stellen, was mein Kunde ja absolut nicht will!)
Käse. Wenn der Quellcode von *Dir* ist, dann besitzt Du das Copyright, d. h. Du bist der (geistige) Eigentümer des Quellcodes. GPL heißt nicht, das Copyright an die FSF abzutreten, wie es bei vielen Systemprogrammen geschehen ist und wie es bei Anwendungsprogrammen sehr selten vorkommt. Nach deutschem Recht ist es gar nicht möglich, das Copyright abzutreten, selbst wenn Du willst.
Genauer gesagt gibt es nach deutschem Recht gar kein Copyright, sondern ein Urheberrecht, welches unveräusserlich ist. Es liegt beim Author, bzw. evtl. bei seinem Brötchengeber.
*Du* kannst also ohne weiteres *eigenen* Quellcode für GPL-Programme verwenden und in kommerziellen, von Dir verkauften Closed-Source-Programmen. Du machst nichts anderes als eine Duallizensierung, wie es viele andere Unternehmen (Trolltech ist ein gutes Beispiel) machen. Aufpassen musst Du nur bei Patches von fremden Programmierern, jeder muss explizit damit einverstanden sein, dass seine Änderungen auch in kommerziellen, von Dir verkauften Programmen einfließen.
Eben. Aber nur der Urheber kann diese kommerzielle "Zweit-Lizenz" einführen oder bei Dritten erlauben. Nach den "Bestimmungen" der Free Software Foundation hat allerdings auch "FREI" absolut nichts mit kostenlos zu tun, auch wenn fast alle GPL-Proggies kostenlos sind. Dieses Wort FREI steht dort für Frei im Sinne von Redefreiheit und Gedankenfreiheit. Es soll jedem Nutzer und Erwerber eines Programmes erlaubt sein dieses in seinen Quellen zu betrachten, diese Quellen zu verändern um sie seinen Bedürfnissen anzupassen oder zu verbessern und diese Verbesserungen wiederrum zu verbreiten. Frei heisst nicht zwingend dass es gute Arbeit für lau gibt. Das ist ein weitverbreitetes fatales Mißverständnis, was dem Free-Software-Gedanken schwer schadet. CU Thorsten (der überzeugter GPLer ist) -- Thorsten Körner || thorstenkoerner@123tkshop.org Dannenkoppel 51 || thorstenkoerner@thorsti.org 22391 Hamburg || GNU-GPG Key: 2D2C4868C007C4FA http://www.123tkShop.org || reg. Linux-User:#187283