Am Montag, 4. März 2002 22:44 schrieb Christoph Eckert:
aus gegebenem Anlaß möchte ich hier den Erstredner unterstützen:
Ich bin vor ca 2 Jahren als Windows-Power-User auf Linux umgestiegen. Ganz gemächlich zu Beginn, jetzt habe ich kein Wintoys mehr (Klein Billy sieht das gar nicht gerne, rabäh.. :) ).
Er hat meine tief empfundene Schadenfreude ;-)
Ich habe inzwischen wesentlich mehr Zeit in Linux investiert als jemals in Windows - und weiß bzw. kann wesentlich weniger.
Sicher?
An was mag das liegen (eine Spekulation):
- Graphische Oberflächen sind bei der Konfiguration den textbasierten Systemen überlegen, denn Sie vereinen logisch abgebildete Denkstrukturen mit einfacher Bedienung durch standardisierte Bedienelemente (Checkboxen, Radios, Popups) und Dokumentation dort, wo man diese benötigt (Tooltipps, Hilfe-Schalter oder kontextsensitives Hilfesystem). Mühsames lesen von Man-Pages entfällt.
Da kann ich nur ein klares Jein dazu sagen. Einerseits hast Du recht, weil der User die Konfigurationsparameter vor sich sieht, per Onlinehilfe (falls eine vernünftige vorliegt) kontentsensitiv die Informationen zu genau dem Punkt kriegt, den er wünscht und Syntaxfehler entfallen komplett (z.B. xyz=y anstelle von xyz=yes), weil das Konfigurationstool das erledigt. Andererseits hab ich mich gerade beim Konfigurationinterface vom Netscape Enterprise Server schon tod (fast, sonst könnt ich das hier nicht schreiben) gesucht, durch einen nach dem anderen Karteireiter geklickt und die geforderte Option einfach nicht gefunden. In einer Textkonfigurationsdatei vom Apache such ich einfach nach dem Begriff und bin sofort am richtigen Punkt. Es ist immer ein Zweigleisiges Schwert. Optimal ist wohl ein grafisches Konfigurationstool gepart mit einer lesbaren und dokumentierten Konfigurationsdatei, die man auch im Editor ohne Probleme beharken kann.
ManPages haben den Nachteil, dass man wirklich lange lesen und überlegen muß, bis man endlich weiß, welche 5 Parameter man jetzt übergeben muß, um das Ziel zu erreichen. Mein erstes Backup mit TAR
Für nen schnellen Überblick gibts meistens ein --help oder -h, ich dring im alltag nur selten bis zur Manpage vor.
war eine Katastrophe - inzwischen erledige ich das mit einem graphischen CD-Brennprogramm.
Routinesicherungen hab ich alle schön in Shellscripts zusammengefasst, find ich wesentlich praktischer als mir die sachen jedesmal zusammenzuklicken, für einzelsachen nehm ich auch gern mal KOnCD.
Damit kein falscher EIndruck entsteht: Dank an dieser Stelle für jede Zeile Man-Page, die ich schon oft habe gut brauchen können, und natürlich herzlichen Dank an alle GNU-Leute und sonstigen Entwickler von freier Software.
Die Sache ist ja auch die, dass man die Flexibilität der Komando- zeilentools zumal mit Pipes verbunden mit grafischen Tools niemals erreichen kann. Grafische Forntends können also immer nur Ergänzung für die "üblichen 90% Verwendungszweck" sein, die unüblichen Sachen werden immer Shellgurus vorbehalten bleiben.
- Und weißt Du endlich, wie irgendwas unter Red Hat läuft, dann hast Du bereits bei einer SuSE ganz schlechte Karten. Einer meiner größten Kritikpunkte an SuSE: SuSE macht alles ein bischen anders, denn wir sind in Deutschland, können alles besser und brauchen als Distributor ein paar Alleinstellungsmerkmale.
Falsch, SuSE bringt die Distribution heraus, die sich am besten an die LSB hält. Der schwarze Peter geht an RedHat und andere Distributoren.
- Ich habe keinerlei Berührungsängste mit der Konsole - wenn ich weiß, was ich tippen muß. Und das weiß ich meist nicht, denn ich benötige die meisten Befehle sehr sehr selten. Schon klar, dass ein Sysadmin mit vi /etc/irgendwas.conf furchtbar schnell ist - aber nur, weil er jahrelang mühsam jeden - sorry - Furz lernen durfte. Ein Verdienst der Fa. Apple und auch von Klein Billy bleibt unbestritten: Die haben kapiert, dass auch Durchschnittsanwender, die Ihre täglichen Arbeiten mit dem Werkzeug Computer erledigen müssen, Computer benutzen werden. Habt Ihr euch mal angeguckt, wie leicht man sich auf dem Mac einen Timeserver einrichtet?
Hm, ich war vor Linux seit 1988 Amiga User, ich hab immer gern mit grafischen Oberflächen gearbeitet und liebe mein KDE2 hier unter Linux. Aber ich hab die Grenzen der grafischen Oberflächen damals am Amiga wie heute unter Linux immer gekannt und in vielen Fällen die Konsole schätzen und lieben gelernt. In vielen Fällen ist sie einfach das bessere Tool. Ich würd mich auch im Büro erschiessen, wenn man mir unter WinNT die DosBOX klauen würde. Ein Grund weshalb ich die MacOS User vor X immer bedauert habe.
- Viele von euch Linux-Power-Usern wollen ja auch die ganzen Dumm-KDE-Benutzer gar nicht haben. OK, aber mit welchem Recht versagt Ihr Leuten wie mir, dass auch ich als Nicht-Informatiker ein freies Betriebssystem nutzen darf?
Ich mag mein KDE und freu mich über jeden neuen User, der bereit ist sich mit der Materie zu beschäftigen und nicht nur rumpöbelt (sowas gibts ja leider auch, anwesende natürlich sämtlichst ausgeschlossen). Ich glaube auch nicht ein eine alleinseligmachende Linux-Philosopie. Linux ist zu allumfassend, als das es diese geben könnte, von der Armbanduhr bis zum Mainframe, vom Embeded-System in der Mikrowelle bis zur Steuerung eines Produktionsprozesses. All das kann Linux sein und all das folgt einer komplett unterschiedlichen Philosophie. Wer glaubt alle User eines vergleichbaren Geräts (in dem Fall Computer) mit diesem derart flexiblen Systems in die gleiche Schablone drücken zu wollen, hat die Zeichen der Zeit IMHO verpasst. Wer von allen das selbe erwartet genauso.
Vielen Dank hier meinerseits an die Distributoren, die die inzwischen wirklich klasse zu handhabenden Installer entwickelt haben, und an die Leute von KDE, Gnome, und natürlich alle anderen Entwickler, die Ihre Software frei zur Verfügung stellen, damit breite Bevölkerungsschichten die Möglichkeit haben, aus Ihrer (selbstverschuldeten) M$-Abhängigkeit zu entfliehen.
Dem schließ ich mich voll an. Da mag über yast2 geschimpft werden, aber er ermöglicht vielen Anfängern überhaupt erst, das System zu installieren und warten. Für den einen oder anderen Profi bietet es eine deutliche Erleichterung für die Desktopinstallation und für andere gibts ja (noch) yast und vi/emacs.
- Dank auch an euch in der Liste, die Ihr bereitwillig helft und euer mühsam aufgebautes Wissen anderen zur Verfügung stellt. Zurecht befürchtet Ihr, dass morgen euer mühsam aufgebautes Wissen nur noch halb soviel wert sein wird. Aber seht mal die guten Seiten: Mehr User = mehr Software; Einfach zu bedienende Oberflächen = weniger Fragen in der Liste; ein einfacher einzurichtendes Linux = mehr Zeit für uns alle, uns mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen; Mehr Installationen = mehr Bedarf an euch geschulten Kräften; Mehr User = mehr Linux-Kompetenz = Weltherrschaft ;-))) .
So würd ich es nicht ausdrücken, aber es bedeutet auf jeden Fall, dass Linux von den Hard- und Softwareherstellern wahr genommen wird und die Wahrscheinlichkeit Treiber zu erhalten steigt. Davon profitieren dann auch die alten Hasen.
Firmen wie SuSE, Leuten wie dem KDE- und Gnome-Team und allen OSS-Entwicklern verdanken wir alle ziemlich viel.
Korrekt.
Aber dennoch: Ein Linux genausogut nutzen zu können wie ein Windows oder gar einen Mac (ich hasse Mac, denn der hat keine Shell) - davon sind wir noch zuweit entfernt. habt Ihr schonmal eine CD auf einem Mac erstellt?
Nö, auf meinem Notbook mit MacOS 8.51 ist kein Brennprogramm dabei, auch die Logitech-Mac-Maus funktioniert an der PCMCIA-USB-Karte nicht, der Treiber geht erst ab MacOS 8.6. Mir aber egal, MacOS dient zum Start von Linux und zum Test von WebSeiten.
Während wir noch Linux mühsam auf dem Dektop zu etablieren versuchen, greift M$ schon längst nach den Sternen.
Gibts irgendwas, nach dem MS nicht greift. Nutzerdaten, Profile, Berechtigungsdienste, Kabelnetze, ...
Gucken wir bitte der Realität ins Auge und lügen uns nicht selbst was in die Tasche - es gibt noch viel zu tun ;-) !
Es wurde aber auch schon viel getan. Vergleich mal ein SuSE 6.1 mit ner 7.3 da liegen Welten dazwischen. Kein System entwickelt sich schneller.
Und an Thomas: Wenn Du noch nie ein Linux gesehen hast - es ist anders als unter Windows.
Und das ist auch gut so ;-) PS: Wer schon mal ein AmiTCP/IP konfiguriert hat, der kann über eine Linuxinstallation und -konfiguration nur noch lächeln. -- Machs gut | http://www.iiv.de/schwinde/buerger/tremmel/ Manfred | http://www.knightsoft-net.de