* .Stephan.Beyer schrieb am 28.Apr.1999:
[...]
Mein Meinung:
Nicht unbedingt als Antwort auf Stephan zu verstehen,
wohl aber auf einige Repliken, die ich ergänzt um weitere Statments
hier zusammenfassen möchte.
Leider etwas lang. Wenn ich aber 5 Antworten geschrieben hätte, so
wäre das auch nicht besser.
1. Linux ist ein UNIX. Der Vergleich Linux vs. MS-Windows ist
reichlich schwachsinnig. Entweder ich vergleiche MS-Windows allgemein
mit UNIX, oder ich vergleiche Linux mit andere UNICE. (Ist das der
richtige Plural zu UNIX?)
2. Es gibt Bereiche, für die ist Windows mehr geeignet, und für
andere ist mehr Linux geeignet. Für wieder andere ist weder UNIX noch
Windows geeignet, sonderen z.B. Großrechner. Auch der Mac hat
sicherlich ein geeignetes Umfeld.
3. UNIX unterscheidet zwichen Normalanwender und Systemadministrator.
Die Aufgabe des Systemadministrator ist es, das System den gegebenen
Anforderungen so anzupassen, daß der Normalanwender sich um das System
nicht zu kümmern braucht. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne
in wenigen Wochen ein Systemadministrator werden.
Eine andere Illusion ist es, zu glauben, man bräuchte keinen
Systemadministrator. Da die Anforderungen in jedem Bereich andere
sind, braucht man auf jedem System einen Systemadministrator. Sonst
beraubt man dem Anwender viele Möglichkeiten, oder erschwert ihm die
Anwendung unnötigerweise erheblich. Dies gilt auch für andere
Betriebssysteme.
4. Oft wird die Meinung vertreten, Linux/UNIX eigne sich zwar für den
professionellen Bereich, nicht aber für die Heimanwendung. Dazu muß
ich fragen, wofür braucht man im Heimbereich überhaupt einen Rechner.
Vermutlich ist der Rechner hier das Mittel zum Zweck. Die
Beschäftigung mit dem Rechner an sich ist hier der Sinn. Somit handelt
es sich hier um eine reine Geschmacksfrage.
5. Linux besteht eigentlich nur aus dem Kernel. Alles andere sind
Anwendungen. So sind bash, X11, KDE, vim, emacs, mc, sendmail,
(La)TeX, Netscape, Staroffice, Applixware und GNU nicht
Linux-Spezifisch, sonderen laufen auch auf andere UNICE. Die meisten
Anwendungen auch auf völlig andere Betriebssysteme, wie MS-Windows,
OS/2 oder Mac.
Wenn man von Linux spricht, so darf man strenggenommen nur vom Kernel
sprechen. Lediglich das ext2 Filesystem ist ansonsten noch sehr eng
mit Linux verbunden, obwohl auch beides unabhängig voneinander läuft.
Diese Modularität unterscheided UNIX von Windows. Für jede Aufgabe
gibt es bei UNIX viele Lösungen. Das mag am Anfang zwar verwirrend
sein, bringt aber später enorme Vorteile.
6. Bekanntermaßen ist Linux kein komerzielles System. Die
Marktgesetze wirken nicht unbedingt auf Linux. Linux hat es nicht
nötig sich am Markt durchzusetzen, oder jemanden zu verdrängen. Linux
kann prima zusammen mit andere Betriebssysteme leben. Andere
Betriebssysteme sind Ergänzungen und keine Konkurenz.
Firmen wie SuSE oder Redhat mögen das anders sehen, die Entwickler von
Linux und anderer GPL-Software tuen dies nicht. Sicher tuen dies aber
Zeitschriften wie PC-Welt oder auch Computer-Bild und Ct. Ein
Aufreißer wie Linux vs. Windows bringt eben mehr verkaufte Exemplare,
als 1001 Windows-Tricks.
Leider glauben dadurch viele, Linux sei ein besseres Windows. Doch
Linux ist etwas völlig anderes. Eben ein UNIX. Auch wird der
Lernaufwand unterschätzt.
Auch wird das Prinzip der offenen Quellen nicht verstanden. Es werden
Forderungen aufgestellt, die bei komerzielle Produkte noch angehen
mögen, bei freier Software sind sie einfach unverschämt. Leute die
hier häufiger antworten als fragen, man mag sie Profis oder Gurus
nennen, werden durch solche Unverschämtheiten auch immer dünnhäutiger.
Dies hat zur Folge, daß auch Fragende ihr Fett wegkriegen, die es
nicht verdient haben. Das trägt nicht zur Beliebtheit von Linux bei.
7. Ganz persönlich, habe ich 1984 mit UNIX angefangen. Der Rechner
auf dem ich, als einfacher User angefangen habe, hatte im Übrigen 2 MB
Hauptspeicher und eine Festplatte von 65 MB. Es haben oftmals ca. 15
Leute gleichzeitig mittels echter Terminals daran gearbeitet. Wenn
mehr als 2 Leute ihre LaTeX-Dateien übersetzten, wurde es reichlich
langsam.
Ich hatte, im Gegensatz vieler heutiger Einsteiger, die Chance zuerst
als normaler User einzusteigen, und erst später Systemadministrator zu
werden.
Außer mit dem C64 habe ich mich sonst mit keinem anderen
Betriebssystem ernsthaft auseinandergesetzt. Am ehesten noch mit DOS.
Dort habe ich aber fast alles mit dem NC gemacht. DOS und Windows habe
ich eigentlich nur für Spiele benutzt. OS/2 und Mac habe ich überhaupt
noch nie verwendet. An einem Großrechner habe ich mich schon einmal
eingeloggt, am Mac noch nicht.
Seit 1997 habe ich nun Linux. Ich sehe kaum einen Unterschied zu
anderen UNICE. Allerdings steckten bei letztern X11 noch in einer
Anfangsphase und mit Netzwerke und Internet habe ich mich vorher
überhaupt nicht beschäftigt, jedenfalls nicht als Systemadministrator.
Kann mir mal einer erklären warum ich mich jetzt mit Windows
auseinandersetzen sollte?
8. Die Zukunft von Linux.
Linux wird sicherlich nicht MS-Windows von seiner Position verdrängen.
Der Boom wird auch schon geringer, das Medieninteresse sinkt. Aber der
Linux-Boom hat etwas anderes bewirkt. Manager von großen Unternehmen
haben ihre Vorbehalte freier Software gegenüber fallen gelassen. Linux
bedroht nicht MS-Windows, wohl aber komerzielle UNIX-Systeme.
Noch einmal Sorry, das es so lang geworden ist, ich versuche mich
jetzt zurückzuhalten.
Bernd
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