On Tue, 30 Apr 2013 13:11:09 +0100 Harald Stürmer <ironcold@ironcold.de> wrote:
Hallo, [...] Ich betrachte mich als User des systems. Ok. vll. nicht ganz der durchschnittliche aber gut. Ich arbeite seit ca. 2002 privat ausschließlich mit OS, und kann nicht nachvollziehen, warum man damit nicht umgehen können soll. Es gab auch viele verbesserungen über die jahre, vor allem im Bereich der Hardwareintegration. Und fehlende Pakete können im normalfall problemlos über das Repositorysystem nachinstalliert werden. Ist auch gängige Praxis bei anderen Distributionen. Da werden halt dann auch lieber Pakete weggelassen, die eher erfahrene User betrifft, weil die Wissen, wie etwas nachinstalliert wird, im gegensatz zu Neulingen und evtl den "Standardusern", die sich da u.U. schwer tun.
Es ist sicherlich schwer einzuschaetzen was ein "durchschnittlicher" User eigentlich ist. In knapp 30 Jahren die ich mit diesem Thema zu tun habe bin ich zu der Ueberzeugung gekommen dass man davon ausgehen sollte dass der Durchschnittsuser nichts weiss (was nicht schlimm ist), vor allem aber auch kein Hintergrundwissen hat, keine Zusammenhaenge herstellen kann und keine "ueblichen" Begriffe kennt. Man kann das selbst einfach mal dadurch simulieren dass man sein System auf eine Sprache umstellt die man nicht spricht. Dann sitzt man vor dem System auf dem Level eines Durchschnittsusers. So kann man z.B. gut einschaetzen ob die Iconifizierung einer Oberflaeche wirklich schluessig und gut ist, oder ob es sich nur um Grafikmuell handelt. Ein anderes Beispiel: Eine grosse Mehrheit von potentiellen Desktop-Usern sitzt sicherlich vor einem PC mit Windows drauf und einem Internetanschluss. Was ist das Minimum was man diesen User bei einer Installation wirklich fragen muesste? Doch allerhoechstens der "Ort" wo installiert werden soll (freier Bereich einer Festplatte oder zweite Platte, oder falls nicht vorhanden (und nur dann) einen Bereich auf der Platte freiraeumen). Alles andere sollte ein solcher Anwender gar nicht sehen, geschweige denn auswaehlen koennen. Ich bin sicher dass die Mehrheit keine Ahnung davon hat was ein "Paket" ueberhaupt ist, und die meisten wollen das auch gar nicht wissen (oder sehen). Sprache, Zeitzone, Basis-Pakete, usw. kann man entweder automatisch feststellen oder ganz einfach eine Standard-Installation durchfuehren. Denn genau an dieser Stelle kann man einen wesentlichen Vorteil gegenueber Windows ausspielen. Man kann spaeter Dinge leicht dazu-installieren oder auch wieder loeschen. Dass die Paketverwaltung dafuer die Grundlage ist will so ein Benutzer nicht wissen. Er will es einfach tun, wenn man ihm nahebringt dass es mit 2-3 Mausklicks geht. Und es darf dabei nicht kompliziert aussehen (also nicht wie Yast2 Abteilung Software-Verwaltung). Wenn der Benutzer Angst bekommt weil er etwas nicht versteht wird er instinktiv vor dem System fluechten. Er braucht das Gefuehl dass man nicht falsch machen _kann_. Hat man das heute bei openSUSE?
Wenn man auf der Desktop-Anwender-Seite kein Land gewinnt, was ist denn dann mit der Server-Seite? OpenSUSE ist eine Community-Distribution mit Hauptaugenmerk auf KDE. KDE wird evtl immer Bunter, OS integriert und konfiguriert diesen "nur". Es gibt durchaus auch Alternativen, die auch von OS angeboten werden, aber auch von anderen Distris. Das ist das schöne an Linux/OSS, wenn ich mit einer Distri nicht zufrieden bin, muss ich mir eine suchen, die besser zu mir passt. Ich für meinen Teil bin weitestgehend zufrieden mit OS. Probleme gibts immer, ist aber auch kein ausschließliches OS Poblem. Im übrigen habe ich seit ca. 2000 einen Homeserver auf Suse laufen, der mir alles bietet was ich brauch. Mag vll. nicht den gehobenen Businessanprüchen genügen, aber dafür gibts dann u.a. SLES.
Allein die Zeit die Du das anwendest fuer Dich hebt Dich einfach schon deutlich vom Joe-Average-User ab. Und das ist ja durchaus nicht schlecht. Bloss sollte man eben keinen dazu zwingen mehr zu verstehen durch Komplexitaet. Ich rede ja nicht von mir persoenlich hier. Ich kaeme nie auf den Gedanken KDE zu verwenden weil es genau nicht kann was ich brauche: Uebersicht ueber viele Screens. Wo es fuer mich zu schlecht ist, ist es fuer den normalen Menschen das genaue Gegenteil: zu kompliziert, zu bunt/grell, zu viel Ueberfluessiges - und: zu langsam. Ich kann mich z.B. dem subjektiven Empfinden nicht entziehen dass XP auf einem Atom-Subnotebook sich auf der Oberflaeche einfach schneller anfuehlt als KDE auf einem XEON Desktop.
Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Was war vor Android. Etwas IOS. Da gab es nichts etabliertes, die User haben genommen was da war.
So einfach ist das ja nicht. Man sollte nicht vergessen dass IOS durchaus schon weit verbreitet war bevor man mal das erste Android-Handy finden konnte das einigermassen verwendbar war - zum telefonieren mein ich, denn viel anderes konnte man darauf nicht wirklich tun. Denn im Vergleich zum IOS-Handy von damals war es grauenhaft langsam. Der Punkt ist aber: jemand hat konkret daran gearbeitet und eine fundierte Vorstellung davon entwickelt was der Anwender erwartet. Und genau das sehe ich auf dem Desktop weit und breit nicht.
Wir werden sehen, ob sich die breite Masse von Android wegbewegt und die kommenden Alternativen nutzt, oder hier der Markt genauso vergeben ist wie im Desktopbereich. 18 Jahre Windows-Dominanz und das Vorurteil, es gäbe keine Software unter Linux für die Bewältigung von Alltagsaufgaben halten viele davon ab, ihre "Religion" zu wechseln. Natürlich sind es auch die Probleme, die unter Linux existieren, aber die würden genauso akzeptiert werden wie die Windowsprobleme. Das Problem der Leute ist da hauptsächlich, dass es aufgrund der Verbreitung trotz alledem zu wenig Ansprechpartner für die breite Masse gibt. Bei einem Winproblem kennen die meisten Leute 3-5 Ansprechpartner, von denen dann einer mal Zeit hat.
Ich muss Dir ganz ehrlich sagen: ich kenne niemanden der ein Windows Problem wirklich so fundiert loesen koennte wie man eines unter Linux loesen kann. Das Problem an diesem Vergleich ist eher was anderes: das "Windowsproblem" ist in vielen Faellen gar kein technisches Problem von Windows, sondern ein Anwender-Know-How-Problem. Waehrend die allermeisten Linux-Probleme echte technische Fallstricke sind wo man Grips investieren muss um sie vielleicht elegant zu umgehen.
Tja, auch ein gutes Thema: das Handbuch. Wer hat sich schon mal gefragt warum man bei Windows eigentlich seit Jahren kein Handbuch mehr gesehen hat. Liest denn ein _Anwender_ eines Betriebssystems tatsaechlich ein Handbuch? Sollte ein Anwender Installations-Support brauchen?
Wenn es dann in deinem Fall nur darum geht, dem Projekt Geld zukommen zu lassen, wie wäre es mit einer Spende für dieses? Ist in dem Fall deutlich sinnvoller, weil dadurch keine Resourcen gebunden werden für Handbuch und Support.
Ich halte das fuer falsch. Denn eine Spende nimmt jeden Druck etwas konkret zu verbessern. Das ist ein wenig wie die Frage ob in Afrika deshalb nichts vorwaerts geht weil wir staendig Geld- und Warengeschenke dort abliefern und damit jeden lokalen Markt toeten (schoen zu sehen an RK-Kleiderspenden).
Nichts anderes tut man mit dem Kauf der DVDs. Und wenn der Verkauf das nicht deckt, dann liegt das nicht an den boesen Menschen die es nicht kaufen, sondern wohl eher daran dass das Verkaufte wohl nicht den Wert hat den es fuer das Geld haben sollte. Markt ist nichts anderes als Demokratie, und der Geldschein ist der Wahlzettel.
Markt und kapitalismus haben mit Demokratie nix zu tun.
Das ist ein ganz schwerer Irrtum. Es ist scheinbar nicht klar dass nicht der Markt das Problem ist, sondern seine Verzerrung. Zu einer Verzerrung kommt es beispielsweise immer dann wenn jemand mit sehr viel Geld einen Markt kippt mit lauter Teilnehmern die wenig Geld in den Markt geben. Und genau das ist ja witzigerweise hier auch der Fall. Da wird mir vorgeworfen ob ich vielleicht das _viele_ Geld zahlen will das jemand in die Infrastruktur der Community pumpt, die gleichzeitig eigentlich keinen echten Drive mehr hat festzustellen warum so wenige Leute die Distribution noch kaufen. Der Sponsor macht den Endkunden unwichtig.
Und das Geld abstimmt ist das größte Problem, dass wir im Moment haben. Gehört aber nicht hier her. Und das oben gesteckte Ziel zu erreichen, nämlich etwas zu verbessern, ist es besser, aktiv in der Community mitzuarbeiten. Fängt bei (sauber vorgetragenem) Feedback an, hört dort aber noch lange nicht auf.
Ich sags Dir nicht gern, aber man kann keine Community mit Arbeit retten wo das Grundkonzept schon marode ist. Die Arbeit ist nur verbrannte Zeit. Es waere schlauer einen Strich zu ziehen und nochmal neu nachzudenken. Ich bin sicher es wird sofort 10 Leute geben die mir widersprechen, trotzdem: Im Hinblick auf Innovation ist das Shuttleworth-Konzept des "ich sage wohin wir gehen" (Ubuntu) sehr wahrscheinlich deutlich besser als ein Community-Konzept. Denn es erlaubt technologische Erneuerung, waehrend eine Community sich im Zweifel nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt.
gruß Harald
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