Am Samstag, 26. Januar 2002 21:06 schrieb Ratti:
Hallo,
Thorsten Körner:
Was viele Privatanwender dauerhaft von Linux fernhalten wird, ist die schier unglaubliche Zahl von Spielen, die es nur für Windows gibt.
Da würde ich dir so nicht zustimmen.
Viele Leute spielen nicht, oder haben keine Lust auf Treiberschrauberei und haben einen Arbeits-Rechner und zum Spielen eine Playstation.
Damit sind vor Allem die Kinder und Jugendlichen im Privathaushalt gemeint, der ja nicht immer die paar Hunnis extra für ne Playstation ausgeben wollen (oder können). Wenn meine Jungs auch mal mit ner CDRom aus dem Freundeskreis nach Haus kommen, ist es selten eine, die man unter Linux zum laufen bringt. Einige gehen ja auch mehr schlecht als recht mit Wine. Aber im Großen und Ganzen ist da doch eher enttäuschung über Linux.
Der Arbeits-Rechner wäre durchaus ideal für Linux.
Stimmt. Nur ist der Privat-PC selten nur zum arbeiten da, sondern soll am besten auch gleich noch staubsaugen, während Blondi säuselt:"Sie haben Post":-)
Erstes Problem:
Ich glaube, ein Linux-System ist einfach konzeptionell anders zugeschnitten und geht am Bedarf der meisten Menschen vorbei. (Das soll kein Genörgel an Linux sein, ich habe ja Spaß dran - dieses Vergnügen teilen aber wenige Menschen. :-) )
Ich versuche, das mal anhand von einem Beispiel zu belegen: Ich bin unter Mac und Win ziemlich fit in DTP-Anwendungen: Quark, Freehand, Photoshop, Illustrator geht auch noch, und ich komme auch gut mit den Arme-Leute-DTP-Programmen zurecht: Word und Powerpoint.
Sehr schön gesagt:-)
Diese ganze Software hat meine Firma gekauft. Die Handbücher liegen Original-verschweisst im Regal - weil niemand bereit ist, sie zu lesen. Motto: "Eine gute Software lässt sich von selbst bedienen."
Das finde ich aber schade, denn viele Programme wie Photoshop, haben soviele Möglichkeiten, hinter die Du durch bloßes herumspielen gar nicht kommen kannst.
Jetzt frage ich dich: Hätte ich (hypothetisch) jemals ein TeX-Crack werden können, ohne Handbücher, Manpages, Readmes und so? Einfach durch loslegen? Hypothtisch hättest Du dann im Grunde TeX neu erfunden. *LoL*
Keine Chance.
Stimmt.
In Quark klicke ich einfach rum, und es kommt was raus. Jahre später schämt man sich dafür, weil man mit der Zeit gelernt hat, Einzüge und Tabs statt 5 Leerzeichen zu benutzen ("Sekretärinnen-Tab"
:-} ), aber du produzierst von der ersten Minuten an Resultate.
Naja das hat man unter vielen Linux-Programmen ja inzwischen auch. In der Hinsicht sind KDE und GNOME doch schon ein gutes Stück vorran gekommen. TeX oder LaTeX sind da wohl nicht gerade gut gewählte Beispiele. Aber, wenngleich nicht ganz so easy wie z.B. Distiller oder so, mit LyX kann man sich auch LaTeX "erspielen". Ich hab so mit LaTeX angefangen und mich danach erst tiefer da reingekniet. Und geanau an der Stelle habe ich wieder die unschlagbare Vorteile von Linux gemerkt. Ich kann durch ein paar Kommandos viel schneller Dinge erreichen, die ich sonst erst nach langer Klickarbeit habe.
Unter Linux bist du darauf angewiesen, an der Community teilzunehmen oder als Einzelgänger massig Wissen in dich reinzupauken, sonst wird das alles nix.
Das Stimmt, aber Community mach Spass. Das zählt für mich genauso. Und es ist allemal besser als ein zweifelhafter M$-Support über eine 0190er Nummer. (bzw. jetzt nur noch eine 0097.14er Nummer wegen de Euro)
Allein die kleinen Bugs in einer "Standard-Suse-mit-KDE"-Installation hätte ich nie gelöst bekommen, wenn ich nicht diese Liste hätte. Das macht einfach viel, viel zuviel Arbeit.
Schlußfolgerung: Ich kann VW-Käfer fahren (läuft.läuft, läuft) und muß einen Führerschein machen (Linux) ODER ich kann Fiat fahren, führerscheinfrei, geht alle drei Wochen kaputt, aber ich bekomme nach einigen Stunden einen neuen Austauschwagen. Aber bestimmt auch nicht umsonst. (Windows) Da werden nur Freaks Käfer fahren.
Ich betreibe Linux aus Spaß. Wenn ich streng "ökonomisch" denken würde, käme dabei raus: Die Zeit, die ich jede Woche brauche, um ein Linux stabil und sauber zu betreiben, könnte ich locker nutzen, um täglich ein Windows-System-Image wieder aufzuspielen und gelegentlich zu erweitern. Linux "lohnt" sich vorn und hinten nicht, es ist ein Bastlersystem, und darum nutze ich es. Von der Nutzbarkeit eines Windows oder MacOS ist es noch mehrere Horizonte weit entfernt. "Nutzbarkeit" im Sinne von: Wieviel Zeit stecke ich rein, um wieviel Resultate zu erhalten. (_Abzüglich_ Systemadministration!)
Ich weiss nicht, wie es euch geht - die meiste Zeit verbringe ich mit meinem Rechner, um Probleme zu lösen, die ich ohne ihn nicht hätte.
Zeit habe ich schon sehr viel reingesteckt, aber ich probier auch viel rum. Und wieoft habe ich eine gute stabile Konfiguration durch diese Spielerei wieder zerschossen:-) Da denk ich lieber nicht drüber nach.
Beispiel: Ich habe durch ein Quota-Problem Mails aus dieser Liste verloren, habe sie neu angefordert, jetzt stimmt der Betreff nicht, und ich bastle mir einen Filter. Schon den ganzen Tag. Besorge mir Perl-Module, compiliere kleine Tools und werde es gleich geschafft haben. Ein normaler User weiss diese Fähigkeit des System nicht zu schätzen. Unter Windows ginge so eine Aktion überhaupt nicht mehr vernünftig. Das macht dem Normaluser aber nix. Er verzichtet einfach auf den korrekten Betreff. So einfach ist das.
Den gestrigen Tag habe ich komplett damit verbracht, aus der "Daily-Dilbert-Email" den Comic rauszufiltern, damit ich die Werbung nicht sehen muß. Sowas geht nur mit Linux. Ich bezweifle, daß ich Otto-Normaluser damit beeindrucken kann. ;-)
(Merkt man, daß ich gerade Urlaub habe? :-))) )
Jo
Fazit: Vieles, was ich als subjektive Stärke des Systems empfinde, ist für andere gar nicht von Interesse - auf der anderen Seite kann Linux vieles nicht, was die Menschen gerne hätten. Daher schneidet es im Direktvergleich gleich doppelt schlecht ab.
Ich würde keinem normalen Gelegenheitsnutzer zu Linux raten, es sei denn, er verspricht mir in die Hand, daß er sein einmal installiertes System nicht mehr verändern möchte, also z.B. reiner Textverarbeitungsrechner ODER sich voll reinknien will.
Ich kann den Leuten doch nicht ernsthaft zumuten, daß sie am System schrauben müssen, wenn ich tagtäglich erleben muß, daß Menschen bereits damit überfordert sind, daß eine sprechende Büroklammer sagt: "Geben sie hier ihre Frage ein. Beispiel: 'Ich möchte die Schrift größer machen'" ("Rattttiiiii!!!! Hilfe!!! Das geht nicht! Da stand was, irgendwie Hilfe und Schrift oder so!")
An dieser Stelle muss ich mal mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, wie wenig lebende Hirnzellen tatsächlich zum überleben eines Menschen erforderlich sind. Ich kenne solche Typen auch und denke manchmal:"Komisch das der/die/das da aufrecht geht und sprechen kann":-)
Linux ohne büffeln geht nicht. Und darum wollen die Leute kein Linux.
Windows geht im Grunde auch nicht wenn man nichts lernen will, man findet halt schneller jemanden der es einem erklärt, oder noch besser, der es gleich für einen erledigt. Im Gegenzug kann man natürlich auch für Linux-Systeme Support-Hotlines (kostenpflichtig) anrufen. CU Thorsten -- Thorsten Körner || info@thorstenkoerner.de Dannenkoppel 51 || thorstenkoerner@thorsti.org 22391 Hamburg || GNU-GPG Key: 2D2C4868C007C4FA http://www.123tk.de || reg. Linux-User:#187283