Moin Liste, Hallo Bernd,
Ratti:
Ich glaube, ein Linux-System ist einfach konzeptionell anders zugeschnitten und geht am Bedarf der meisten Menschen vorbei.
Bernd Brodesser:
Bin ich mir nicht so sicher. Kommt natürlich darauf an, was Du mit den meisten Menschen meinst. Die meisten Menschen wäre natürlich mit einer Schale Reis oder Hierse mehr gedient.
...und religiöser Erleuchtung, Gesundheit und der großen, wahren Liebe. :-) Diskussionen in dieser Liste sehe ich schon auf das Thema "Linux" beschränkt. ;-)
Nur: Stabilität ist den meisten Usern ziemlich egal. Da können wir jetzt drüber lamentieren - isso. Einen Reboot pro Abend nehmen die meisten locker hin.
Welche User? Heimuser? Ja, aber ein Unternehmen? Glaube ich nicht.
Genau. Heimuser. Von Firmen rede ich nicht, daß ist ein ganz anderes Spiel.
So einfach ist das nicht. Was ist mit Datensicherheit, mit Konsistenz?
Datensicherheit? Also, ich richte ziemlich vielen Leuten ihre Rechner ein. Wertvolle Daten habe ich noch nicht gefunden. Der "normale" Anwenderrechner enthält einen Haufen Pornobildchen aus dem Internet, konkurierende Installationen von AOL-, T-Online- und CompuServe-Internetzugängen (Die gar nicht genutzt werden), massenhaft Spaß- und Shareware-Applikationen, die den Tray zumüllen und sich mit Registrationsdialogen gegenseitig verdecken. Wenn tatsächlich mal ein Text geschrieben wird oder eine eigene Website gedengelt, wird das wertvoll Produkt sofort weggebrannt und unbeschriftet hinter dem Schreibtisch "wegsortiert". Bei Berührung stürzt das Gerät ab. "Stört dich das gar nicht?" "Och...ist natürlich blöd, aber nach dem dritten Neustart läuft er dann ja!" 80% der Rechner sehen so aus.
Sicherheit genauso. Interessiert keinen. Können wir auch drüber lamentieren - ist aber auch so.
Daher entstehen auch Milliardenschäden.
Aber nur im Heimbereich. Da verschwindet bloß die Datei mit den Videoetiketten. Vom kommerziellen Bereich rede ich nicht.
Diese ganze Software hat meine Firma gekauft. Die Handbücher liegen Original-verschweisst im Regal - weil niemand bereit ist, sie zu lesen. Motto: "Eine gute Software lässt sich von selbst bedienen."
Besser und schneller geht es natürlich mit Handbuch oder Schulung. Es soll ja Firmen geben, die bereit sind Schulungen für ihre Mitarbeiter durchzuführen.
Der Punkt ist: Du brauchst gar keine Schulung. Es geht ja so. Ein paar absolute Basics langen vollkommen.
Das möchte ich sehen, wie Du ohne Schulung einen Server aufsetzt, einen der ein Mindestmaß an Datensicheheit erfüllen muß.
Nun, ich habs getan, für Windows ud für Linux, und bisher hat uns noch keiner besucht. Aber du hast heimlich das Thema gewechselt. ;-) Wir sprachen von _Anwendern_ und dem erhöhten Lernaufwand gegenüber narrensicherer Win/Mac-Software. Beispiel: Word: Starten, klicken, drucken, Juchu. TeX: Lesen, lesen, lesen, installieren, geht nicht, lesen, lernen, fluchen, weinen, toben, drohen, geht, _Resultat besser_ Also, ich bevorzuge in der Regel ersteres. Nur wenn es um meine Hobbies geht, wo mir das Schrauben Spaß macht, laß ich mich auf letzteres ein. Die Philosophie ist unter Linux ist einfach anders. Siehe dazu die immer wiederkehrenden Diskussionen hier in der Liste: Mutt vs. Outlook-Clone, grafischer HTML-Editor vs. HTML programmieren, vi(m), emacs vs. leider-nicht-existierender-BBedit-Clone Leistungsfähigkeit ist häufig ein untergeordnetes Kriterium (Ich fahre einen alten VW-Bus:-) )
Die meisten User möchten ein System, das, um meine Mutter zu zitieren, "Den Arsch hinterherträgt" :-) Sprich: Sie von vorn bis hinten bedient.
Dann sollen sie was anderes als Linux nehmen. Wo ist das Problem?
...das das Thema war: Warum tun die das? Warum nehmen die nicht Linux? Es hat doch so viele Vorteile.
So und mit VC++ schreibst Du Professionelle Programme? Programme, woe es auf Rechenzeit, Anzahl gleichzeitig geöffneter Dateien und, und und ankommt? Oder bist Du ernsthaft der Meinung, solche Programme werden nicht benötigt?
Kann ich nicht beurteilen, nach allem, was ich so sehe, ist VC++ dazu in der Lage. Problematisch ist für mich die Summe der Hemmschwellen, der ich ausgesetzt bin, wenn ich z.B. mit KDevelop arbeite - Es gibt kaum eingebaute Dokumentation, sprich: Wenn ich F1 drücke, kommt auf deutsch eine brauchbare Antwort. Das gleiche unter Cervisia. Das gleiche unter pharmacy. Um nur mal die aufzulisten, mit denen ich gerade rumbastel. - Es gibt für Linux weit und breit keinen Editor, der meinen Bedürfnissen nahkommt (http://www.bbedit.com/products/bbedit/bbedit-screenshots.html) Das ist nur ein Beispiel dafür, daß Linux einfach schwieriger ist.
Das ist nunmal typisches Freak-Verhalten: Gut programmieren, mies dokumentieren. Geht mir mit meiner eigenen Soft auch nicht anders.... schäm...
Linux ist ein Freakbetribssystem. Man kann es aber durchaus professionel einsetzen.
Genau. Linux ist ideal für Freaks. Linux ist prima im professionellen Einsatz. Linux ist für gezielt abgegrenzte Bereiche ein gutes "Arbeitsplatzsystem". Linux taugt nix für den Zuhause-Gelegenheits-User
Unter Linux bist du darauf angewiesen, an der Community teilzunehmen oder als Einzelgänger massig Wissen in dich reinzupauken, sonst wird das alles nix.
Nö gar nicht wahr. Wenn man UNIX kann, ist Linux gar nicht so schwer.
;-) Damit verwschiebst du den Aufwand nur auf eine Stufe vorher. Mit Mac/Win kann ich ihn ganz vermeiden.
Ist doch durchaus positiv zu sehen, oder?
Öh... Nö.
Dann nimm Windows und sei Glücklich.
Ich war mit Windows glücklich, was meinen Arbeitsrechner angeht. Ich war mit Linux auf meinem Server glücklich. Der Grund, warum ich jetzt auch Linux als wichtigstes OS auf meinem Client verwende, ist eine rein "politische" Entscheidung gegen das Microsoft-Monopol, Zwangsregistrierungen und den Kahlschlag im Bereich offenen Informationsaustausches. Qualitativ würde ich sagen, spielt Linux drei Ligen unter Windows und immer noch zwei unter MacOS, aber die sind eben "die bösen Jungs"
Beim Mac hast du sowas selten, weil da alles aus einer Hand kommt.
Linux gibt es nicht nur für Intel, sondern auch für vernünftige Hardware.
Stimmt.
In einen halbwegs aktuellen Windowsrechner kann man seit Win2K alles reinstecken, läuft. Du kannst die Maus wechseln, das Board tauschen, die Platten umstöpseln, findet er alles wieder, kein Problem.
Ich habe aber keinen aktuellen Rechner.
Die meisten Leute aber schon, weil man den Krempel inzwischen geradezu hinterhergeschmissen bekommt. Ich date kontinuierlich up: Mal einen größere Platte, dann mehr RAM, etwa alle zwei Jahre ein neues Board. Seit Win2K war schlagartig Schluß mit Hardwareproblemen, die ich unter Win98 noch gehabt hatte (Prallvoller Rechner, Interruptprobleme). Auch unter Suse wurde problemlos installiert, nur der Austausch von Hardware wird zum Krampf (Siehe anderer Thread: Meine mittlere Maustaste ist unter KDE tot), und das sind so Sachen, da habe ich gar keinen Bock zu. Maustreiberschrauben. Langweilig. ;-)
Nur: Irgendwann fängt das System eben an zu kippeln, weil es sehr empfindlich ist, eben weil es dir alle Arbeit abnimmt. Und da es nicht transparent ist, kann man kaum eingreifen. Also: Neu aufspielen.
Du meinst, daß ist bei einem Unternehmen, wo es hochgeradig auf Datensicherheit ankommt hinnehmbar?
Nein, das ist ein Nachteil komplexer System mit Easy-Klicki, und dazu zähle ich Windows, MacOS und auch Linux, wenn es KDE und Co enthält. Zuhause ist das hinnehmbar.
Halt! Da wechselst du das Thema: Welches OS setze ich als Server und im kommerziellen Umfeld ein?
UNIX?
Wäre für unsere Firma überdimensioniert. AppleShareIP, zwei Susen und einmal Fenster2000 reichen vollkommen.
Du hast andere Schwerpunkte (Mal eben neu booten geht nicht, wenn an der Kiste 30 Leutchen hängen): Plötzlich wird Sicherheit und Stabilität wichtig.
Ach?
Dem Homeuser sind doch Reboots und Viren egal, sie löschen ihm doch bloß die Raubkopie von "Metzelmörder 3D".
Ja, dann nimmt er Windows und ist glücklich. Na und?
Genau darauf wollte ich hinaus. Wir können den Leuten mit Linux etwas bieten, was sie gar nicht wollen, und deswegen nehmen sie Windows und sind glücklich. Also, _ich_ würde das gerne ändern. Ich habe keinen Bock, daß unsere Community ständig anderen hinterherlaufen muß, weil diese Firmen aufgrund ihres großen Nutzerstammes Trends und "De-Facto-Standards" setzen. Ich möchte gerne, daß viele Leute Linux nutzen, damit Linux relevanter Faktor wird. Nur mal so als Beispiel: Ich habe gerade irgendwo gelesen, daß der "Marktanteil" des Mozilla-Browsers 0,8% beträgt. OK, ich benutze den, und anscheinend irgendwo in Deutschland noch eine zweite Person. ;-) Und solange solche Verhältnisse so stehen bleiben, kann man nirgendwo auf sauberes HTML pochen - die lachen dich doch aus. Interessant wird es für Firmen doch erst, wenn 10% ihrer Kunden nicht mehr online bestellen, und nicht 0,8%. Bis dahin ist "HTML? Das sind die Dateien vom Explorer."
Übrigens, ich finde M$ noch viel zu kompliziert. Ich will ein Schalter umlegen und dann lossurfen. Nichts installieren, nichts lesen, nichts irgendwelche Startbuttons anklicken. Vorinstalliert wäre das mit Linux bestens möglich.
Da war meine Erfahrung völlig umgekehrt. Das mag daran liegen, daß ich DSL habe und schon sehr früh in diese Technik eingestiegen bin. Ich habe das zuerst unter Windows eingerichtet und habe einen halben Tag gebraucht (Das war damals noch ein richtiger Akt.) Die Internetverbindungsfreigabe fürs interne Netz ist bei Windows dann nur noch eine zweimal-klicken-Aktion (Häkchen bei "Ja" und "OK"). Unter Linux mehrere Tage. Ins Netz kommen dauerte immerhin noch genau so lange, obwohl ich ja inzwischen wusste, worum es geht. Das Netz dann an die anderen Rechner zu verteilen war aber ein ziemlicher Aufwand: -ipchains lernen -MTU-Problem finden, verstehen und reparieren -Bug in der mitgelieferten Kernel-Version, Rechner öfters eingefroren, also Kernel-Update. Gruß, Ratti