[Jan Trippler]:
On Sam, 05 Jul 2003 at 12:00 (+0200), Matthias Houdek wrote: [...]
Das habe ich auch nicht bestritten. Aber Datenschutz bezieht sich auf schützenswerte persönliche Daten. Da hat zunächst der die Verantwortung, der diese Daten speichert, verarbeitet und weiterleitet, dass solche Daten nicht von Unbefugten gelesen werden können.
und unbefugt ist erstmal jeder, an den sie nicht adressiert ist - eben auch Chef, Admin, Kollegen.
Bei Daten, die unter das BDSG fallen - ja. Aber das können ja die Unbefugten erst feststellen, wenn sie es lesen. Deshalb hat der Versender die Pflicht, die Daten nur für den Empfänger lesbar zu versenden (Gehaltsbriefe z.B. werden aus dem gleichen Grund ja auch verschlossen weitergegeben und nicht als offenes Blatt dem MA in sein Postfach gelegt).
Und das Persönlichkeitsrecht in einer Firma bleibt gewahrt, wenn derjenige, der die nicht für ihn bestimmten, aber ihm zugänglichen Daten (z.B. eine weitergeleitete, unverschlüsselte Mail) nicht missbräuchlich verwendet. Wenn die Daten schützenswert sind - siehe oben.
Nein, eben das stimmt nicht! _Jeder_ Inhalt einer Mail an eine Person unterliegt erstmal dem Fernmeldegeheimnis. Ausnahmen genehmigt ein Richter.
Schade, dass du es oben gelöscht hast. Deswegen hier noch einmal: aus § 85 TKG - Fernmeldegeheimnis: | (2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist verpflichtet, | wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder | oder daran mitwirkt. [...] | (3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, | sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige | Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche | Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen | der Telekommunikation zu verschaffen. | Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis | unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. | Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere | die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz | oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht ... Damit unterliegt die Mail erstmal dem Fernmeldegeheimnis. Und zwar so lange, wie sie unterwegs ist. Wenn sie im bestimmungsgemäßen Firmenpostfach angekommen ist, greift das Fernmeldegeheimnis nicht mehr. Und selbst wenn man der Firma auch die Erbringung von TK-Dienstleistungen unterstellen könnte -> Siehe meine vorherige Mail.
Und eine Mail an ein offensichtliches Firmen-Postfach ist eine Mail an die Firma, und dann dort an ggf. an einen bestimmten MA der Firma.
Und genau das ist ein Unterschied. Eine Mail an info@firma.de ist etwas anderes als eine Mail an herr.mueller@firma.de
Nein. Viele Firmen haben gar keine Mailadressen wie z.B. Reklamation@firma.de, sondern nur die Mailadressen der 3 Mitarbeiter der Reklamationsabteilung. An einen dieser MA sende ich meine Mail, aber wenn der im Urlaub ist, erwarte ich einfach, dass das dann sein Kollege macht. Bei Briefpost geht das genau so. Auch wenn auf dem Brief: z.Hd. Herrn Maier steht, ist das kein Schutz davor, das bei Abwesenheit von Herrn Maier ein anderer diesen Brief stellvertretend annimmt und ggf. bearbeitet. Erst der Vermerk "persönlich" oder "vertraulich" macht das dem Persönlichkeitsrecht des MA untergeordnete Firmenrecht in diesem Fall deutlich. Ansonsten ist das Rechteverhältnis umgekehrt. Bei e-Mails ist so etwas nur durch entsprechende Verschlüsselung möglich. Und dann greift hier auch das StGB (§202a).
Allerdings liegt es im Interesse der Firma, diese Mail (z.B. bei Abwesenheit des MA) an einen Vertreter zur Bearbeitung weiterzuleiten. Dieses Interesse der Firma steht im allgemeinen ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ über dem Persönlichkeitsrecht des MA.
Und auch das stimmt nicht. Die Interessen der Firma sind _sorgfältig_ gegen die Interessen des Mitarbeiters abzuwägen. Nirgens steht, dass die der Firma über denen des MA stehen.
Solange der Mitarbeiter in seiner Funktion als Mitarbeiter zu sehen ist, stehen Firmeninteressen über den persönlichen Interessen. Es mag Ausnahmen geben (z.B. Gesundheit gegenüber Fertigstellung eines Auftrags), aber prinzipiell hat sich der Mitarbeiter den Interessen der Firma unterzuordnen. Ich bezog mich ganz speziell auf das Interesse der Firma, eingehende Post zügig und ordnungsgemäß zu bearbeiten (s.o.). Und das ist prinzipiell höher einzustufen als die eventuell persönliche Mail an den MA mit den schönsten Urlaubsfotos seines Freundes.
Wenn nun über ein Firmenpostfach auch private Mails erlaubt sind, ist es das Problem des Mitarbeiters, für einen Schutz seiner Privatsphäre zu sorgen.
Nein. Der Mitarbeiter ist kein Freiwild.
Hab ich nie behauptet. Aber er könnte z.B. darum bitten, dass Mails von bestimmten Absendern nicht an die Urlaubsvertretung weitergeleitet werden, die diese Mails sehr wahrscheinlich persönlichen Charakter tragen. Dieser Bitte ist natürlich durch die Firma zu entsprechen. Ansonsten würde die Firma das Persönlichkeitsrecht des MA verletzen.
[...]
Schauen wir uns das doch einmal an:
[verschiedene persönliche Auslegungen des TKG]
Wenn Du mir nicht glaubst: ix 1/03 S.110 - 111
Nicht alles, was in der Zeitung steht, ist absolut wahr.
Ja, _das_ ist natürlich ein unschlagbares Argument </ironie>
Ich präzisiere: Es gibt keine a b s o l u t e Wahrheit.
Die Gesetze sind in dieser Richtung relativ eindeutig, trotzdem lassen sie sich unterschiedlich interpretieren. Es kommt immer auf den Zweck der Maßnahmen an.
Hast Du den Artikel mittlerweile mal gelesen?
Ja, natürlich (http://www.heise.de/ix/artikel/2003/01/110)
Bist Du Anwalt?
Nein, leider nicht (oder zum Glück? *g*)
Der Typ, der ihn geschrieben hat, ist einer (Justiziar des heise-Verlags) - sorry, da ist für mich eindeutig, wem ich glaube!
Auch Anwälte irren (Du weißt, woran man erkennt, ob ein Anwalt lügt ;-). Im übrigen kannst du natürlich glauben, wem und was du willst. Und jeder andere natürlich auch ;-) Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass dieses Thema durchaus nicht so einfach und klar zu beantworten ist (Briefgeheimnis, das darf der Chef doch gar nicht, Fernmeldegeheimnis, ...). Und leider auch nicht so einfach wie in dem iX-Artikel. Mit meiner Diskusion wollte ich lediglich einen wichtigen Gegenpol zu den sonst (auch in anderen Threads zu diesem Thema) vertretenen Meinung, das sei alles verboten, aufbauen. Die reinen Gesetzestexte sprechen vielfach eine andere Sprache als die momentane Auslegung vieler Juristen. Das mag zum einen daran liegen, dass man gerade hier in D besonders vorsichtig mit allem ist, was Persönlichkeitsrechte betrifft (man denke nur an die Videoüberwachung öffentlicher Plätze). Zum anderen wird sich das Blatt auch wenden, wenn entsprechende Sicherungsmethoden für den Inhalt vom Mails in breiter Front zur Normalität werden. Vielen ist ja nicht einmal bewusst, dass eine Mail noch unsicherer als eine Postkarte ist. Zusammenfassung meinerseits: Bei e-Mails, die ein Firmenpostfach erreicht haben, greifen weder das Briefgeheimnis (StGB) noch eindeutig das Fernmeldegeheimnis (TKG) und auch nicht der § 823 BGB, solange die erlangten Kenntnisse nicht weiterverwendet werden. Die beiden einzigen Gesetze, die hier sicher greifen, sind IMHO das BDSG (wenn es sich um entsprechend schützenswerte Daten handelt, dann hat aber in erster Linie der Versender der Daten dafür Sorge zu tragen, dass ein unberechtigter Zugriff nicht möglich ist) und das Betriebsverfassungsgesetz und die Bildschirmarbeitsplatzverordnung, die den Umfang des Schutztes der Privatsphäre im Umgang mit IT-Systemen festlegen (Mitspracherecht, Informationspflicht, Zustimmungserforderniss u.s.w.). Von der Einhaltung dieser Regelungen bin ich stillschweigend ausgegangen. -- Gruß MaxX