Hi Bodo, hi an alle anderen, On Monday 05 August 2002 13:04, Bodo Noering wrote:
Jeder in der Liste, der etwas auf sich hält (jedenfalls nach allgemein anerkannter Listen-Ideologie), schreibt M$, Windoof, Window$, etc., aber wenn ein Umsteiger "auf die gute Seite der Macht" wechselt und dumme Fragen stellt, wird wieder geklagt, dass alles so niveaulos sei.
So ist das nun mal, wenn man dazugehören will, und zu überspielen versucht, dass man eigentlich noch nicht so weit ist ;-)
Entweder soll Linux die Weltherrschaft übernehmen, dann muss jeder auch etwas dafür tun (wenn ihm etwas daran liegt), oder nicht, dann bleibt es ein System für Profis, die in elitären Zirkeln über die Vor- und Nachteile irgendeiner Shell diskutieren.
Ich weiss zwar nicht, wer oder was die Weltherrschaft übernehmen soll, aber weder Linux im allgemeinen noch SuSE im besonderen haben das je vorgehabt. Sicherlich bietet ein derart komplexes System viele Hindernisse, die überwunden werden wollen, im Gegenzug bietet es aber auch viele Möglichkeiten, individuelle Vorlieben auszuprägen und dann natürlich auf diesen zu beharren. Dass sich dabei 'Insidercliquen' herausbilden, ist m.E. durchaus menschlich (oder eben männlich...).
Das Grundproblem ist, dass es Neulinge einfach nicht gelernt haben, Informationen selbst zu beschaffen. Es gibt in Linux keine
Warum haben sie es nicht gelernt? Als ich 1990 mit UN*X und 1993 mit Linux anfing zu arbeiten, hatte ich wirklich keine Hilfe ausser meinen englischen Sprachkenntnissen und eine 30-minütigen Einführung a la 1. Kapitel eines UN*X-Buches. Gelernt habe ich trotzdem einiges, aber es ging halt nicht von jetzt auf sofort.
F1-Taste (jedenfalls in den meisten Programmen), keine gedruckten Handbücher, kein allgemein gültiges Programm-Handling, dafür man pages, HTML-Dateien, Readme, PDF-Manuals, PostScript-Dateien zum Ausdrucken, etc. und diese sind noch nicht einmal als Icon anklickbar.
Das ist schon Mist, dieser neumodische Schnickschnack... Ich habe doch tatsächlich hier eine ganze Menge Handbücher rumstehen. Als ich mein Mitarbeiterexemplar SuSE Linux 7.0 einem ehemaligen Studienkollegen übergeben habe und er mir im Gegenzug das damalige Spitzenprodukt seines Arbeitgebers (Windows 2000) gab, hat meine Freundin doch tatsächlich versucht, beide Packungen zu vergleichen. Sie hat die 2000er Box aufgemacht und völlig fassungslos gesagt: "Da sind ja gar keine Handbücher dabei!". Klar, ist ja auch alles selbsterklärend. Im Ernst, zu kaum einer Software bekommt man noch ein gedrucktes Handbuch. Alles wird in HTML, PDF oder so dokumentiert. Das ist zwar nicht ganz freundlich, aber billiger. Unter Windows legst Du die CD ein, findest das Icon, und schwupp, geht der Acrobat Reader auf und Du kannst lesen. Hast Du in Deinem KDE schon mal auf den Rettungsring geklickt? Du musst nicht mal die CD einlegen. OK, Du kannst nicht alle Dokumente anklicken, aber Du bekommts einen guten Überblick, wo Du weiter suchen kannst.
Ein Windows-Umsteiger sieht zunächst nur die "geile" Werbung von SuSE: "Einfach CD einlegen und schon bist Du in der schönen neuen Linux-Welt." Doch dann treten Probleme auf, dann gibt's entweder die "Stöhn"-Hotline von SuSE, über die man schnell ein Vielfaches der Kosten einer WindowsXP-Lizenz verzocken kann oder diese Liste (es gibt natürlich auch noch den Installationssupport, doch dessen Hauptaufgabe ist, Antworten abzulehnen wg. Share Holder Value). Und was macht der Umsteiger in diesem Fall? (rhetorische Frage!)
Und hier werde ich jetzt echt sauer. Ja, ich war SuSE Mitarbeiter, ich weiss, wie das dort funktioniert, ich weiss auch, warum es eine bestimmte thematische Trennung von Installationssupport und Advanced Support Services (der von Dir so freundlich als "Stöhn"-Hotline bezeichneten 0190-er Service) gibt. Ich räume mal kurz mit den 3 gröbsten Fehleinschätzungen auf: 1. Probleme treten bei einer Installation von Windows und Software auf diesem Betriebssystem auch auf, nur ist die Wahrscheinlichkeit _deutlich_ grösser, jemanden in der Bekanntschaft zu haben, der einem a tempe weiterhelfen kann. Dass da vorneweg Marketinggeblubber evtl. falsche Vorstellungen weckt, ist leider nicht zu vermeiden. 2. Der Installationssupport ist tatsächlich dafür da, Hilfe bei der Installation zu gewähren. Die Installation hört aber auch dort auf, wo die Installationsroutine zu Ende ist. Deshalb werden inzwischen bestimmt die Hälfte der Anfragen an den Installationssupport angewiesen, einfach weil die Fragen völlig den Rahmen sprengen oder die Qualifikation der Mitarbeiter (nein, die Mitarbeiter sind für den Installationssupport gut qualifiziert, aber spezielle Fragen erfordern tiefes Fachwissen, und das kann sich SuSE nun mal nicht erlauben, jedem Installationssupporter erst mal eine Schulung von 2 Jahren zu geben). 3. Die von Dir als "Stöhn"-Hotline bezeichnete 0190er Hotline ist dann dazu da, weitergehende Fragen zu beantworten. Der Schatz von SuSE ist das Wissen der Mitarbeiter, warum soll dieses Wissen verschleudert werden, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Wenn Du eine Lösung haben willst, musst Du dafür bezahlen. Dass das über eine 0190-8er Nummer läuft, ist leider nicht anders machbar. Wie willst Du z.B. einem Kunden eine Mailbearbeitung in Rechnung stellen. Da muss evtl. recherchiert werden, die Mail muss geschrieben werden, alles Sachen, die Zeit und damit Geld kosten. Dann kommt noch die ganze Abrechnung, das kostet auch wieder Personal, dazu kommt der Ärger mit Kunden, die nicht zahlen wollen. Am Telefon ticken die Einheiten, und Du bist frei in Deiner Entscheidung, wann Du genug Geld ausgegeben hast. Klick. Leistung kostet Geld. Letzteres sichert auch bei SuSE nicht mal wenige Arbeitsplätze. Und Du wirst sicherlich auch mitbekommen haben, dass es da in den vergangenen Monaten einige Tränen gab (nein, ich habe mich freiwillig verbessert). Die 0190er Nummer hat für den Supporter auch Vorteile, die Gespräche sind um ca. 1/3 bis die Hälfte kürzer, wenn die Minute EUR 1.86 satt EUR 0.03 kostet. Ich war am Anfang auch nicht begeistert von einer solchen Hotline, aber im Nachhinein finde ich diesen Service sehr gut (muss ich wohl, ich war für die Einführung verantwortlich). Zurück zu Deiner rhetorischen Frage: Was macht der Umsteiger? Antwort: Entweder genau das gleiche wie ich und viele andere hier und kniet sich rein, oder er lässt es eben bleiben, weil er merkt, dass man unter Linux eben keine Spiele spielen kann. Die Liste ist als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht, Anfänger sind hier willkommen, nur gibt es hier Regeln, die doch so mancher, der länger hier ist, beachtet haben möchte. Wenns damit nicht klappt, dann melden sich diese Leute eben ab. Noch mal, es gibt bestimmt viel mehr Leute, die ein gesundes Windows-Halbwissen haben und Windowsanfängern Tipps geben können, ich schätze mal allein in Deutschland ca. 2 Mio, die richtig damit arbeiten und insgesamt 10 Mio, die so ein Spielzeug zu Hause haben. Linuxanwender gibt es, denke ich, nur ca. 500.000, und nur 50.000 werden richtig was damit anfangen können (wer wissen will, wie ich auf diese Zahlen komme, melde sich bitte per PM). Es ist halt mit Arbeit verbunden und nicht mal eben so nebenbei gelernt.
Bodo
Stefan, der wieder mal viel zu viel gesabbelt hat. -- Stefan Schmidt jsj-hb at t-online dot de